Paraschat Emor

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Der Wochenabschnitt in Kürze
  • Ein Kohen muss immer rein bleiben und darf sich deswegen nicht einem toten Menschen nähern. Nur bei seinen nächsten Familienmitgliedern darf er sich an der Beerdigung beteiligen und unrein werden. Der oberste Priester aber darf sich sogar dann nicht unrein machen.
  • Ein Kohen darf keine geschiedene Frau heiraten
  • Ein Kohen, der mit einem Geburtsfehler geboren wurde, darf keine Arbeit im Tempel verrichten. Ebenso wenig, wenn er nicht rein ist
  • Die „Teruma“ (Teil der Ernte, der dem Kohen gegeben wird) darf von seiner ganzen Familie gegessen werden, solange diese rein ist
  • Ein Tier darf nie am selben Tag wie seine Mutter geopfert werden
  • Es werden nochmals alle Feiertage aufgezählt
  • Die Menora muss jeden Tag im Tempel gezündet werden.
  • Jede Woche müssen frische Brote für den Tisch (Schulchan) gebacken werden.

„Midrash“ der Woche

Aus unserer Parascha lernen wir, dass ein neugeborenes Tier nur nach dem achten Tag nach seiner Geburt als Opfer dargebracht werden darf. In Bezug auf unseren Wochenabschnitt lehrt Rabbi Jitzchak, dass G“ttes Erbarmen bei Mensch und Tier gleich ist. Die Beschneidung eines Jungen darf ebenso nicht vor dem 8. Tag geschehen, damit das Neugeborene die nötige Kraft hat, um den Schmerz zu ertragen. Beim Tier gibt die Tora ihm Zeit, selbstständig auf die Beine zu kommen und der Tiermutter die Freude an ihrem Kalb zu lassen. (In vielen Psalmen lobt David die unendliche Gerechtigkeit G“ttes und erwähnt ausdrücklich, dass G“tt des Menschen wie auch des Tieres Helfer ist. Der Ausspruch Davids „G“tt hilft gleichmäßig den Menschen und den Tieren“ kann laut einem Midrasch auch als „G“tt hilft den Menschen wegen der Tiere“ gelesen werden (Wajikra Raba 27/1,2).)

In Wajikra Raba 27/1 wird gelehrt, als Alexander Makedon neben dem König von Afrika saß, um die dortige Lehrsprechung zu erlernen, kamen zwei Männer die den Richtspruch des Königs wollten: „Ich habe von meinem Nachbarn eine Ruine mit dazugehörigem Feld gekauft“, sagte der Eine, „Bei Grabungen fand ich eine Kassette mit Geld. Da ich wohl das Haus mit Boden gekauft hatte, wollte ich die Kassette dem Verkäufer zurückgeben. Er aber weigert sich den Fund anzunehmen.“

„Ich habe die Ruine mit Hof und allem Drum und Dran verkauft. Die Kassette ging demnach auch mit dem Verkauf an den Käufer“, sagte der Andere, „Wenn ich den Fund an mich nehme, ist dies „Gesel“, Diebstahl.“

Der König schlug vor, dass beider Kinder einander heiraten sollten. So blieb der gefundene Schatz Beiden.

Alexander erklärt dem König wie in seinem Land geurteilt worden wäre. In seinem Land hätte man beide zum Tode verurteilt, weil sie den Fund nicht dem Staate übergeben hätten. Auch hätte der Staat zuvor ihr Vermögen beschlagnahmt.

Der König war entsetzt über die brutale Art, Recht zu sprechen. Alexander bejahte die Fragen des Königs, ob in seinem Land die Sonne scheine, ob es regne, ob Gras wachse und ob es Tiere gäbe. Daraufhin sagte der König: „In einem Land mit solcher Rechtsprechung scheint die Sonne und fällt der Regen, damit Gras für die Tiere wachsen kann und die Tiere Futter haben.“ Dies ist was der Midrasch lehren will: Wenn die Menschen schlecht sind und eigentlich keine Verdienste haben, wird ihm das Notwendige wegen der Tiere von G“tt beschert.

„Konzept“ der Woche

Eines der am schwersten verständlichen Gesetze ist der Umgang mit Tumah und Taharah: wann man unrein ist und wie man wieder rein wird. Wir wollen versuchen zu verstehen, worauf dieses Konzept beruht.

Eine der größten Herausforderungen für den Menschen ist es, sich mit dem G“ttlichen zu befassen, das ja weder sichtbar noch fühlbar ist. Wir sind immer sehr mit dem Materiellen beschäftigt. Wir wissen zwar, dass es etwas gibt, das uns G“tt näher bringt, doch hilft uns dieses Wissen nicht immer.

König David schrieb in den Psalmen:  „Erhebe deine Augen zu den Bergen, von wo meine Hilfe kommt. Meine Hilfe kommt von G“tt …“ (Psalm 121). Die Bergspitze repräsentiert die Erhabenheit G“ttes, doch steckt womöglich mehr dahinter. Wenn wir einen Berg erblicken, sehen wir seine Vorderseite und vielleicht auch die Fortsetzung beider Seiten. Wir wissen aber nicht, wie die andere Seite aussieht. Doch wir wissen, dass es etwas geben muss, das ins Tal hinunterführt. Das meint König David damit, wenn er sagt: „Hebe deine Augen auf“ – du erkennst, dass es etwas dort oben gibt, aber du weißt nicht, was es ist. Das G“ttliche ist nicht sichtbar, doch du weißt ganz gewiss, dass es es gibt.

Die Gesetze der Unreinheit sind etwas völlig Geistiges, das man weder sehen noch fühlen kann. Sie dennoch zu halten, gibt uns die Kraft und die Möglichkeit, das Spirituelle zu tun, obwohl wir sie in letzter Konsequenz nicht verstehen, da sie soweit vom Materiellen entfernt sind.

Dem Priester wird in demselben Satz noch ein Gesetz gegeben: „Du sollst dich nach dem Tod eines Menschen nicht tätowieren lassen.“ Wenn ein Mensch stirbt, ist er zwar körperlich nicht mehr anwesend, aber er lebt im geistigen Sinne weiter. Ein Mensch, der dessen Namen oder seine Erinnerung an ihn in seinem Körper verewigen lassen will, zeigt seine Zweifel, ob der Körper weiterleben wird. Er will genau in dem nichtbleibenden Teil des Menschen eine Erinnerung für alle Zeiten hinterlassen. Wir müssen uns immer wieder daran erinnern, was wirklich ewig bleiben wird, denn dann werden wir einen anderen Zugang zu unserem täglichen Leben finden.

„Maisse“ der Woche

Vor etwa 2000 Jahren verboten die Römer den Juden sich mit Toralernen zu beschäftigen. Ein gewisser Papus ben Jehuda beobachtete, wie Rabbi Akiwa weiterhin öffentlich Tora lehrte. Er sagte zu ihm: „Rabbi! Fürchtest du denn den Zorns des Kaisers nicht?“ „Papus“, antwortete Rabbi Akiwa, „Menschen halten dich für einen klugen Mann, du selbst aber urteilst nicht besser als ein Tor. Hör zu, ich werde dir eine Maisse erzählen: ‚Es ging einmal ein Fuchs am Flussufer entlang und sah dort, wie Fische besorgt hin und her schwammen. Er fragte: ‚Fischchen, vor wem lauft ihr weg?’ ‚Wir retten uns’, antworteten sie, ‚vor den Netzen, die in den Fluss geworfen sind, um uns zu fangen.’ ‚So geht ihr besser zur Küste herauf’, riet der Fuchs, ‚wir werden friedlich zusammenleben wie einst meine und eure Vorfahren.’ Da antworteten die Fische: ‚Über dich, Fuchs, sagt man, dass du der Klügste aller Tiere bist, doch du urteilst nicht besser als ein Tor. Sieh doch: wenn es schon im Fluss so gefährlich ist, in dem wir zu leben bestimmt sind, wie können wir dann auf das Festland hinausgehen, wo der sichere Tod auf uns wartet?’ Genauso werde ich dir, Papus, antworten: auch wenn wir jetzt beim Torastudium, worin unser Leben und Bestehen liegt, um unser Leben bangen müssen, was würde mit uns passieren, wenn wir selbst auf unsere Heilige Tora verzichten würden?“ (nach Brachot 61b)

Mit freundlicher Unterstützung von HaMakor.de und Rabinner Aron Orzel