Wochenabschnitt Vayeira

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Zwei Arten von Guete.

Der Thora-Wochenabschnitt Vayeira beginnt damit, dass G"TT Avraham Avinu am Eingang seines Zeltes erscheint. Als aber Avraham drei Fremde in der Naehe erblickte, stand er auf und bat G"TT darum zu warten, damit er zuerst den Fremden entgegen eilen und ihnen seine Gastfreundschaft anbieten kann. Um der Gastfreundschaft Fremden gegenueber, liess Avraham Avinu also sogar G"TT warten. Unsere Weisen s.A. ziehen daraus die Lehre, dass die Gastfreundschaft einem Reisenden gegenueber hoeher steht, als selbst der Empfang der G"TTlichen Gegenwart (Traktat Schavuoth 35b).

Eine solch gastfreundliche Einstellung, wie sie von unseren Weisen s.A. geschildert wird, ist zum festen Bestandteil Juedischer Identitaet geworden. Zur Zeit Avraham Avinu's gab es jedoch eine solche Tradition noch nicht. Was leitete Avraham also dazu, im Namen der Gastfreundschaft Fremder gegenueber, selbst G"TT warten zu lassen?

 

Guete und Gastfreundschaft anderen gegenueber erfolgt grundsaetzlich entweder aus Grossmut oder aus Demut.

Ein Beispiel fuer Guete bzw. Gastfreundschaft aus Grossmut waere (typischerweise) diejenige eines reichen und maechtigen Menschen, dessen Gefuehl von Ueberlegenheit und Macht anderen gegenueber, ihn zu Grosszuegigkeit und Mildtaetigkeit den "Schwaecheren" gegenueber leitet.

Ein Beispiel fuer Guete bzw. Gastfreundschaft aus Demut hingegen ist das Beispiel von Avraham Avinu, der ueber sich selbst sagte: Ich bin nur Staub und Asche (Ber. 18:27). Da er sich selber als weniger bedeutend als andere betrachtete, war es fuer Avraham Avinu ganz natuerlich, jedem Fremden mit Guete und Achtung zu begegnen.

Guete als ein Ergebnis von Zurueckhaltung und Demut ist dabei gegenueber der Guete, die aus Grossmut resultiert, in zweierlei Hinsicht vorzuziehen:

Guete, die dem Gefuehl entspringt, selber weniger wichtig als andere zu sein, leitet einen Menschen dahin, alles von sich zu geben und sich selbst mit "dem Rest" zufrieden zu zeigen. Guete hingegen, die dem Gefuehl des Grossmutes entstammt, wird den Loewenanteil weiterhin fuer sich bestimmen und anderen "den Rest" ueberlassen.

Mehr noch: Grossmuetige Guete ist darauf bedacht, dass der Spender keinerlei spuerbare Einschnitte erleiden muss. Demuetige Guete hingegen achtet nicht darauf, ob der Geber darunter eventuell leiden muss oder nicht.

Da Avraham Avinu's Guete und Gastfreundschaft auf Demut und Aufopferungsbereitschaft beruhte, riskierte er nicht nur seine physische Unversehrtheit sowie sein Leben, indem er gegen maechtige Koenige kaempfte, um das Leben anderer zu retten (Ber. 14:14-17), er setzte sogar seine spirituelle Existenz auf's Spiel, was noch wesentlich schwerer wiegt.

Diese Art  von Guete und Gastfreundschaft war es letzlich, die Avraham Avinu dazu bewegt hat, G"TT warten zu lassen, um den Fremden in Gastfreundschaft entgegen zu eilen.

Das eben gesagte wirft sodenn auch Licht auf das, was unsere Weisen s.A. von Avraham Avinu sagen (Traktat Sotah 17a; Traktat Chulin 88b): "In dem Verdienst Avraham Avinu's, der von sich behauptete, er sei "lediglich Staub und Asche", erhielten seine Nachfahren das Verdienst der Mitzwah von der "Asche der Roten Kuh" ("Para Aduma") sowie das Verdienst der Mitzwah des Staubes der "Sotah".

Darueber hinaus ist dies ein hervorragendes Beispiel fuer den Thora-Grundsatz, dass Mass fuer Mass ("Midah Keneged Midah") abgegolten wird.

Die innere Verbindung zwischen beidem ist folgende: Beide Mitzwoth, sowohl die der "Para Aduma" wie auch die der "Sotah", basieren auf Demut sowie spiritueller Aufopferungsbereitschaft derjenigen, die diese Mitzwoth zu erfuellen haben. Die Erfuellung beider Gebote bedarf einer Selbsterkenntnis, die einem sagt: "Ich bin nur Staub und Asche". Mehr noch:

Die Asche der Roten Kuh, die dazu verwendet wurde, (spirituell verunreinigte) Personen spirituell zu reinigen, verunreinigte umgekehrt diejenige Person, die diesen Reinigungsprozess an anderen ausuebte. Dies erforderte also eine gewisse spirituelle Selbstaufopferung desjenigen, der diese Mitzwah an anderen ausuebte.

Auch der Staub der Sotah wurde in einem Akt von spiritueller Selbstaufopferung verwendet: Das Zeremoniell der Sotah verlangte das Aufloesen des Heiligen G"TTlichen Namen in einer Mixtur von Wasser und Staub. Um den Ehefrieden zwischen Mann und Frau wiederherzustellen, ordnet hier die Thora sogar an, den Heiligen Namen G"TTES aufzuloesen - ein  einzigartiger Akt von Selbstaufopferung, der die Guete Avraham Avinu's wiederhallen laesst.

Schabbat Schalom!

* basierend auf Likutei Sichot Vol. XXV, S. 79-83.


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