Paraschat Wa’era

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Die Parascha in Kürze
  • G―tt gibt Mosche ein weiteres Versprechen: Am Israel aus Ägypten zu erlösen – die vier Ausdrücke der Erlösung
  • Mosche geht mit seinem Bruder Aaron zu Pharao und verlangt im Namen G―ttes, das Volk Israel freizulassen,
  • Mosche belegt vor Pharao durch verschiedene Wunder, dass er von G―tt gesandt ist; aber Pharao ist trotzdem nicht bereit zu hören
  • G―tt befiehlt Mosche, Pharao zu warnen, dass, wenn er Sein Volk nicht ziehen lässt, zehn Plagen über Ägypten kommen werden
  • Da Pharao nicht auf diesen Befehl hört, fängt G―tt mit den Plagen an
  • Zuerst wird das Trinkwasser zu Blut, dann kommen unzählige Frösche ins Land. Läuse, wilde Tiere, Viehseuche, Ausschlag und Hagel kommen über Ägypten: sieben Plagen von zehn
  • Obwohl die Ägypter Pharao darum bitten, die Israeliten gehen zu lassen, weigert dieser sich weiter

„Dwar“ der Woche

G-tt befiehlt Mosche, zu Pharao zu gehen und ihn zu bitten, die Juden ziehen zu lassen. Mosche zeigt G―tt gegenüber Zweifel, dass Pharao auf ihn hören werde, da ja das jüdische Volk auch nicht auf ihn hören wollte. Ist das nicht eine seltsame Argumentation? Die Juden litten so sehr unter der Sklavenarbeit, dass sie Mosche nicht glauben wollten, aber warum sollte sich Pharao ihm verschließen?

 

Der Prophet Jeschajahu schreibt (57:20): „Aber die Frevler sind wie ein aufgewühltes Meer; denn ruhen kann es nicht, und herauf wühlen seine Gewässer Schlamm und Lehm.― Raschi erklärt uns dazu, dass es immer so aussieht, wenn die Wellen ansteigen, als ob sie die Grenze überschreiten wollten. Doch sie zerbersten immer am Strand und fallen ins Wasser zurück. Der Frevler versucht ebenfalls immer, die Grenze des Erlaubten zu überschreiten, nur um festzustellen, dass er immer wieder in einen festen Rahmen zurückfällt. Aber Raschi fügt hinzu, dass jede Welle ihren eigenen Versuch unternimmt, obwohl jede vorhergehende Welle schon im Meer zerbrochen ist. So lernt auch der Böse nicht aus der Erfahrung Anderer, sondern versucht es immer wieder selbst. Der Prophet beantwortet die Frage nach dem Grund: „G―tt sagt, dem Bösen ist kein Frieden!― Ein schlechter Mensch findet keine innere Ruhe, weil seine Gedanken und Illusionen immer um etwas Böses kreisen. Ein Mensch, der seinen Begierden nachgibt, wird nie zufrieden sein, weil er, sobald er es erreicht, das Nächste will.

Das ist der Grund, warum Pharao sich Mosches Bitten verschlossen hat. Er verkörperte das Böse und gab sich nicht die Möglichkeit, sich der wahren Aufgabe des Lebens zu widmen. Er ließ sich von seinen Trieben leiten und hielt sich selbst von der Teschuwa zurück.

"Biographie" der Woche

Rabbi Samson Raphael Hirsch - Jahrzeit 27. Tewet

Biographische Daten:

  • 20. Juni 1808 Geburt in Hamburg
  • Talmudstudium in Hamburg bei seinem Großvater und bei Chacham Isaak Bernays, sowie bei Rabbi Jakow Ettlinger in Mannheim
  • Universitätsstudium (klassische Sprachen, Geschichte und Philosophie) in Bonn
  • 1830-1841: Landesrabbiner von Oldenburg
  • 1836 Publikation der „Neunzehn Briefe"
  • 1837 Publikation des „Choreb" oder „Versuche über Jissroels Pflichten in der Zerstreuung"
  • 1841 Rabbiner der jüdischen Gemeinde Aurich (Wohnsitz Emden)
  • 1846-1851 Landesrabbiner von Mähren (Nikolsburg)
  • ab 1851 Rabbiner der Israelitischen Religionsgesellschaft in Frankfurt
  • 1867-1878 Publikation der „Übersetzung und Erklärung des Pentateuchs" in 5 Bänden
  • 31. Dez. 1888 Tod in Frankfurt2

„Konzept“ der Woche

G―tt straft Pharao und die Ägypter, indem er die zehn Plagen über sie bringt. Warum waren zehn so drastische Strafen nötig, um die Ägypter zu bestrafen? G―tt, der Allmächtige, hätte doch sicher leichtere Wege benutzen können, um sie angemessen zu bestrafen. Im Talmud und Midrasch finden wir jedoch eine genaue Begründung, warum jedes Detail jeder Plage so und nicht anders kommen musste. Pharao und die Ägypter wurden in derselben Art und Weise bestraft, wie sie die Juden versklavt hatten. Das Maß der Strafe entsprach ihrem Verhalten dem jüdischen Volk gegenüber. Bei jeder Plage erhielt Pharao die Möglichkeit, die Juden aus Ägypten ziehen zu lassen, aber jedes Mal weigerte er sich. Wie kann es aber sein, dass ein Mensch so viele Zeichen bekommt und sie einfach nicht wahrnimmt? Hat es ihm nicht zu denken gegeben, dass sich sogar schon seine Landsleute gegen ihn stellten und dem König sagten: „Lass dieses Volk doch schon gehen!― War es sein Stolz, der ihn immer wieder dazu brachte nicht aufzugeben?

Aber auch wir sehen tagtäglich Zeichen in unserem Leben. Jemand, der sich wirklich fragt, wo G―tt ist oder ob es überhaupt G―tt gibt, wird immerzu die Möglichkeit haben, Ihn zu finden und zu sehen. Aber er muss die Zeichen sehen wollen. Unsere Weisen erzählen, wie sehr Pharao versucht hat, hart undstark zu bleiben. Wie konnte er so starr sein, wenn gleichzeitig das ägyptische Volk sehr unter den Plagen zu leiden hatte?

Bei der ersten Plage, dem Blut, hat Pharao seinen Zauberern befohlen, dasselbe Wunder geschehen zu lassen, um zu sehen, ob es wirklich etwas Außerordentliches war. Es gelang ihnen und die Tora sagt in Vers 7:23, dass sich Pharao abgewandt hat und nach Hause ging – und er richtete auch sein Herz nicht danach. Die Tora sagt uns also hier, wie es Pharao gelungen ist, so stark und starr zu sein und allen Ereignissen gegenüber gleichgültig zu sein: er hat sich abgewandt!

Jeder Mensch kann sich in seinem Leben so verhalten, dass er sich von jeglicher Situation abwendet und damit nichts für sich daraus lernt. Wenn man allerdings nicht wegschauen möchte, hat jeder Mensch auch die Möglichkeit, all seine Sinne und seine geistigen Fähigkeiten dazu zu benutzen, die Zeichen zu erkennen und zu bewerten und die Ereignisse seines Lebens so zu interpretieren, dass er daraus lernen kann und sich weiter entwickelt.

Mit freundlicher Unterstützung von HaMakor.de und Rabinner Aron Orzel