Paraschat Devarim

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Die Parascha in Kürze
Mosche Rabejnu hält kurz vor seinem Tod und dem Einzug des Volkes in Eretz Israel vor ganz Am Israel eine Rede Über die Ereignisse der letzten 40 Jahre wird berichtet:
  • Der Fall der 12 Kundschafter und deren Fehlverhalten, dessen Folge die vierzigjährige Wanderung in der Wüste statt des direkten Einzugs ins Land war
  • Nur zwei derer, die in Ägypten waren - Kalew und Jehoschua - dürfen ins Land einziehen
  • Weitere Stationen der Wüstenwanderung werden aufgezählt
  • Die siegreichen Kriege mit Sichon und Og und die Weisung an Jehoschua, daraus Mut zu schöpfen, das Land Kanaan einzunehmen

„Dwar“ der Woche

Der Schabbat vor Tischa B’Aw wird auch „Schabbat Chason” genannt. An diesem Schabbat lesen wir die Haftarah in Jeschaja, Kapitel 1, die mit den Worten „Chason Jeschajahu – eine Vision Jeschajahus“ beginnt und die Gründe für die Zerstörung des ersten Beit HaMikdasch beklagt. Es ist eine Prophezeiung des unausweichlich Kommenden, sollte das jüdische Volk nicht umkehren und Teschuwa tun. Warum beginnt die Haftarah mit dem Ausdruck „Vision“? Tischa B’Aw, der 9. Aw, ist der schlimmste Tag in der Geschichte des jüdischen Volkes. An diesem Tag wurden beide Tempel zerstört und viele weitere Kalamitäten geschahen an diesem Tag. Man trauert an Tischa B’Aw. Man legt nicht einmal Tefillin (Gebetsriemen), weil sie unser Schmuck sind. Ein stolzes Zeichen der Nation. Aber wenn wir trauern und das Gefühl haben, G“tt habe sich von uns entfernt, legen wir keine Tefillin. Aber dieser Tag wird auch Feiertag genannt. Wie kann das sein? Die Zeit in Ägypten, in der wir ebenfalls im Exil waren, wird im Talmud „Embryo” genannt.

Wir befanden uns also in einer Schwangerschaft. Die Nation entwickelte sich. Aber die Entwicklung eines Kindes ist nicht von außen sichtbar. Man sieht zwar, dass etwas wächst, aber kann sich kein genaues Bild davon machen. Genauso ist es, wenn man einen Samen in die Erde pflanzt und erst mal nicht sieht, was damit passiert. Erst wenn es aus dem Boden sprießt, sehen wir, dass überhaupt etwas da ist. In Ägypten ist die Nation gewachsen, aber man hat weder etwas gesehen noch gespürt. Im Gegenteil, die Menschen haben sich verlassen gefühlt und hatten wenig Hoffnung, dass sich etwas ändern werde. Erst nach dem Auszug aus Ägypten hat man erkannt, dass alles ein Teil des Wachstumsprozesses war, um diese Stufe zu erreichen.

Ein Feiertag ist aber nicht unbedingt ein Freudentag. Das Wissen um eine Entwicklung, die man weder sehen noch verstehen kann, ist eine Art von Feier, dass uns G“tt im Exil auf etwas vorbereitet. Eine Vision ist nicht immer verständlich.

Aber man hat ein Ziel vor Augen, das in diesem Fall ist, geboren zu werden. Nach dem Entwickeln und Wachsen gibt es ein Ergebnis. Trotz der großen Trauer ist das unser Feiertag an Tischa B’Aw. Unsere Weisen sagen, dass der Moschiach an Tischa B’Aw geboren wird. An diesem Tag wird die Idee des Ziels aufgebaut, obwohl wir dies nicht sehen. Der Anfangskeim entsteht an diesem Tag. Die Prophezeiung über die Zerstörung des Tempels hat eine Vision in sich. Obwohl man nicht klar sieht, was sie beinhaltet, weiß man, dass hier etwas vorbereitet wird und die Zukunft besser aussehen wird. Unsere Vorbereitung auf den Tag der Trauer bedarf einer großen Andacht darauf, wie sehr uns die Nähe zu G“tt fehlt. Andererseits haben wir die Hoffnung, dass sich hier die Nation entwickelt und sich auf den Empfang des Moschiachs vorbereitet.

„Maisse“ der Woche

Ein Vogel saß im Käfig. Da flog ein anderer Vogel vorbei und rief ihm zu: „Du Glücklicher! Du hast keine Nahrungssorgen; dir wird deine Nahrung regelmäßig gereicht.“ „Du siehst nur, “ entgegnete der Eingesperrte, „auf meine Nahrung. Bedenke aber, dass ich ein Gefangener bin.“

„Konzept“ der Woche

Mosche fängt das neue Buch an und erzählt den Juden alle Geschehnisse der 40 Jahre in der Wüste. Er erwähnt, wie ihm die Arbeit zuviel geworden ist. „Ich kann euch alleine nicht tragen …. wie soll ich alleine eure Last und euren Streit tragen (1:8 und 12). Mosche’ Aussage beginnt mit dem Wort „ejcha“, was „wie" bedeutet.

Dieses Wort, bemerken unsere Weisen, wird auch von zwei Propheten benutzt. Jeschajahu fragt sich: „Wie hat sich Jerusalem zu einer Stadt der Unzucht entwickelt?" und direkt danach fragt der Prophet Jermijahu, nachdem man Jerusalem schon zerstört hatte: „wie ist diese Stadt so leer geblieben…?"

Alle haben sich zu verschiedenen Ereignissen dieselbe Frage gestellt! Wie konnte dies überhaupt geschehen! Eine ganz einfache Frage, aber eine sehr schwerwiegende!

Was aber bedeutet diese Frage? Mosche hat Am Israel auf hohem spirituellem Niveau erlebt und gesehen, dass obwohl es in der Wüste Grosses erreicht hat, es das Volk nicht geschafft hat, auf Streit zu verzichten und ihn nicht zu belasten.

Genauso fühlen die anderen Propheten. Nicht immer kann man wirklich eine Situation verbessern, doch wenigstens muss man sich erst einmal fragen „Wie!?" Nur wenn sich ein Mensch erst einmal ehrlich fragt, warum er überhaupt auf diese niedrige Stufe gesunken ist, kann er versuchen sich zu bessern.

Die drei Propheten lebten zu unterschiedlichen Zeiten - als die Nation auf einem hohen und auf einem niedrigeren spirituellen Niveau war – aber jeder fragte doch „Wie!?" Jeder Mensch, der sich irgendwie entwickeln will, weiss, dass der erste Schritt dazu immer die Bereitschaft etwas zu tun ist und das Einsehen, dass etwas getan werden muss.

Mit freundlicher Unterstützung von HaMakor.de und Rabinner Aron Orzel